Samstag, 16. August 2014

Ein letztes Mal...


Sydney, Sydney, Sydney. Solange ich in Australien war, gab es für mich nur die eine (Stadt).
Im Prinzip war es total egal, wie schön es woanders war, was für eine gute Zeit ich dort hatte. Meine Kompassnadel zeigte nur in eine Richtung- und Sydney war mein Norden. 
Besonders Marlen, mit der ich eine Zeit gereist und mit der ich in Cairns Wiedervereinigung gefeiert hatte, bekam das zu spüren. 'Schon wieder verlässt du mich für Sydney', meinte sie, als ich erzählte, wann mein Flug ging. 
Ich konnte nicht anders. Ich wollte meine letzten Monate in Australien nirgendwo anders verbringen, als in der Stadt in der ich sowieso schon viel zu lange war, aber mit der ich so viele Erinnerungen verband. 

Aber auf eines hatte ich keine Lust mehr: Hostelleben. 
Zwei alte Schulfreunde, die nach mir nach Australien gekommen waren, wohnten gerade in einer WG, in der der praktischerweise ein Bett frei wurde. 

Die Wohnung entpuppte sich als großes Hostelzimmer mit Küche, Bad und Wohnzimmer. Der Backofen war kaputt, der Trockner trocknete nur mit mäßigem Erfolg und es hatte niemand Bock das mit drei Jahre altem Schimmel überzogene Besteck aus dem Geschirrspüler zu holen, deswegen wurde der auch für kaputt erklärt. 
Ausgelegt war das Appartement für zwei Personen, tatsächlich standen aber zehn Betten drin und im Endeffekt waren wir zwischenzeitlich 14 Menschen, die dort nächtigten. Zusätzlich war die Wohnung auch noch Asyl für sämtliche Kakerlaken der Stadt, aber man arrangierte sich mit einander, solange es keinen direkten Körperkontakt gab. 
Dementsprechend sah es dann auch ordnungsmäßig aus. Unsere Vermieter, oder auch 'Manager', wie sie ihre Position gerne aufblähten (eigentlich Handlager ihrer Mafia-Bosse) kümmerte das alles herzlich wenig, denn so wie in unserer Wohnung ging es im ganzen Haus zu. 

Es war nicht alles koscher in der Regent Street 32-34.
Das 'Management', welches seinen Hauptsitz im 'Banana Supermarket' nebenan hatte, zählte nicht gerade die hellsten Sterne am Nachthimmel zu seinen Mitarbeitern. Tatsächlich hätten die Gestalten, die dort arbeiteten besser in ein illegales Wettbüro in irgendeinen Hinterhof oder ins Rotlichtmilieu gepasst. 
Der 'Banana Supermarket' an sich machte auch eher den Eindruck, als wäre er zur Geldwäsche da, denn dass tatsächlich jemals etwas dort  verkauft wurde, wage ich zu bezweifeln.
Das alles ein bisschen dubios war, dachte sich wohl auch die Stadtverwaltung und schickte eines Tages eine Inspektion vorbei. Aber die Multi-Kulti-Management-Mafia-Bande waren anscheinend echte Schmiergeldfüchse, die kurzerhand alle Betten abmontierten und das Zeug von zehn Menschen in den Schränken versteckten. Danach wurden die Betten von den besten Handwerkern der Stadt wieder zusammengebaut, die feststellten, dass es gar nicht nötig war, diese zusammenzuschrauben- Klebeband reicht vollkommen!

Während meiner letzten zwei Monate, die ich dort hauste habe ich zwei komplett unterschiedliche WG-Generationen kennen gelernt. Nennen wir Generation 1 die 'Party-WG'. Es war immer dreckig, immer überfüllt und immer laut. Niemand (die Männerfraktion) fühlte sich dafür verantwortlich seinen Scheiß zu Spülen und das jemand mal den Wischmopp in die Hand genommen hätte-Gott bewahre! Es war trotzdem ziemlich lustig mit WG-Generation Uno. Der große Animateur, der sich liebevoll darum kümmerte, dass wir auch ja jeden Abend weggingen und genügend Alkohol tranken, war Valentin, den ich noch aus der Schule kannte. Jeden Morgen um Punkt 14:30 stand er mit den Worten auf: So Leute und was geht heute Abend. Gnadenlos. Unbarmherzig. Ohne Rücksicht auf die arbeitende Welt, wie mich und trotzdem schaffte er es jedes Mal mich irgendwie mich zu bequatschen, was zur Folge hatte, dass ich in der nächsten Zeit mit Mondkratern statt Augenringen durch die Gegend schlafwandelte. Lara (auch aus der Schule) zeichnete sich besonders durch durch ihre Fähigkeiten hinterm Herd aus. Falls ich jemals noch einmal 2-Minute-Noodles essen möchte, werde ich ich zu ihr kommen, die sich völlig auf die Zubereitung dieser kulinarischen Köstlichkeit spezialisiert hat. Denn es macht sehr wohl einen Unterschied, ob die Gewürzmischung vorher oder nachher beigefügt wird. 


Erste WG 



Es geht nichts über deutschen Döner

Nach zehn Tagen war es dann schon wieder vorbei mit der Dhünn-Reunion, denn die beiden, wollten weiter ziehen, wie so ziemlich der Großteil meiner Mitbewohner und es wurde schlagartig leer. Übrig blieben außer mir noch zwei andere Deutsche und unserer Quotenasiate, der ein ganz Netter war. Wir waren tatsächlich nur Deutsche gewesen, bis auf Teddy den kleinen Exoten. 
Da wir nicht wollten, dass uns die Idioten vom Management irgendwelche anderen Idioten in die Wohnung steckten, wollten wir uns selbst darum kümmern, welche Geistesgestörten wir in unser Heim aufnehmen wollten. Der Schlachtplan war sehr einfach. Phase 1: Anzeige in der Work&Travel Gruppe bei Facebook posten; Phase 2: Wohnung sauberkeitstechnisch so stark zu verbessern, dass sie nach kambodschanischem Hygienestandard bewohnbar wäre. 
Unsere Ziele waren ehrgeizig, aber wir waren es auch. Na gut, ich war die Motivierteste. Timon, mein einer Mitbewohner, war fein raus, weil er mehr oder weniger den ganzen Tag arbeiten musste. Der Asiate auch irgendwie, der Arme war schon genug gestraft, allein unter Deutschen. Milan, der einzige der neben mir, jetzt noch zum Putzen infrage kam, erklärte bereitwillig, er könne den Badezimmerboden nass wischen. Super, dachte ich zu diesem Zeitpunkt noch, diese Motivation, wirklich vorbildlich. Ich fing an die Küche von Grund auf zu reinigen. 
An dieser Stelle könnte ich ein fünfseitiges Essay über die männliche Einstellung zum Thema 'Putzen' und 'Saubermachen' sowie das Verständnis von 'Arbeitsteilung im Haushalt'. Sollte ich jemals heiraten wollen, werde ich ein Casting veranstalten und derjenige, der am besten Staubsaugen kann, hat den Job.
Das Ende vom Lied war, dass er nach zehn Minuten 'Extrem-Wisching' fertig war mit putzen-für immer- und sich auf die Couch setzte. Zwei Stunden später, ich kratzte weiterhin Kakerlakenkacke von den Schränken, kam Timon zurück nach Hause und setzte sich neben Milan. 
Eine weitere Stunde später hatte sich an der ganzen Konstellation nichts geändert. Alles war genauso, wie es sich gehörte- vor 100 Jahren. Das Weib tut alles um dem Manne ein ordentliches Zuhause zu bieten. Weil ich absolut keinen Nerv für Diskussionen hatte ("Warum? ICH habe schon das Bad gewischt", "Ich muss mich erstmal von meinem anstrengenden Arbeitstag erholen, du warst ja den ganzen Tag zu Hause."), konzentrierte ich mich darauf, wenigstens alles halbwegs sauber zu kriegen, damit überhaupt jemand bei uns wohnen wollte. 

Bald bekam ich tatsächlich weibliche Unterstützung in Form von Louiza und Julia, die es schafften den Großteil der Kakerlaken zu eliminieren. 
Alles mit vier Beinen zog sich langsam zurück und unsere schnuckeligen, gefühlten fünf Quadratmeter füllten sich wieder langsam mit Menschen. Einer dieser Menschen war Luke, der, wie Louiza zu sagen pflegte, der einzige richtige Mann im Haus war. Luke besaß besondere Eigenschaften, die sehr selten geworden sind, in einer Generation, in der die meisten Kerle mit 30 noch bei Mutti wohnen. Und zwar das sehende Auge, für Dinge die getan werden müssen. Er kam, sah und reparierte. Unsere Fernbedienung beispielsweise, seit ich eingezogen war (und bestimmt auch schon Jahre lang davor) fehlte der Deckel eben jenes Geräts, sodass regelmäßig die Batterien herausfielen und durch die Wohnung kullerten. Luke vollbrachte das, was Generationen von Männern vor ihm nicht geschafft hatten: Den Teufelskreis mithilfe von Klebeband und etwas Pappe zu durchbrechen und das Leben für alle in der  WG einfacher zu machen. 
Ich mag mich überzogen anhören, aber wenn man Monatelang (auch in Hostels) mit Kerlen auf engstem Raum zusammen gelebt hat und geglaubt hat, alle Bandbreiten des post-pubertären Verhaltens der männlichen Gattung zu kennen, ist es wie ein Wunder, wenn man doch noch so positiv überrascht werden kann. Er selbst erklärte uns, dass er aufgrund seiner handwerklichen Fähigkeiten in seinem Freundeskreis auch unter dem Pseudonym 'der Bauer' bekannt war. Wir nannten ihn nie wieder anders. 



WG Generation 2



Die Wochen zogen ins Land und es kam der denkwürdige Tag, der Louiza und mich zu Adoptiveltern machen sollte. Die Sterne wollten es, dass wir ihn jenes Nachmittages vor der Kunden Toilette des Einkauscenters fanden. Juan, 150 cm pures Sexappeal, Pappaufsteller. 
Wir stellten ihn erst neben die Toilette, weil wir dachten, es könne ihm dort gefallen, aber irgendwie wirkte er so einsam und verloren, dass wir beschlossen ihn mit in die Wohnung zu nehmen. 
Dort angekommen rasteten alle beim Anblick Juans schier aus und jeder unserer Mitbewohner gab zu, schon immer heimlich davon geträumt zu haben, einen Pappaufsteller namens Juan zu besitzen. Besonders Levi verstand sich sehr gut mit ihm. Die beiden wurden die besten Freunde. Alles war perfekt bis zu jenem Abend, der so ein tragisches Ende nahm. Als Levi nach einer durchgefeierten Nacht zurück kam und Juan schlafend in seinem Bett vorfand, wurde er sehr böse. Er nahm den armen Juan und riss ihn mit bloßen Händen in Stücke und schmiss diese in den Müllschlucker, nur den Kopf behielt er als Trophäe 
Am nächsten Morgen entschuldigte er sich zwar ausführlich für die, wie er sie bezeichnete, "Ermordung Juans", aber das brachte uns ebendiesen auch nicht wieder zurück und wir mussten nun lernen ohne ihn zu Leben. 

Abgesehen von diesem kleinen Zwischenfall lief alles reibungslos, mal abgesehen von kleineren Spannungen, wenn sich jemand nicht an den Putzplan hielt oder seine benutztes Geschirr nicht zeitnah spülte. 
Was mich bis heute immer noch wundert, ist die Tatsache, wie unproblematisch es trotz permanenter WG-Überfüllung mit der Badbenutzung war. Denn ja, ES GAB NUR EIN BADEZIMMER. Natürlich wurde jeder mal aus der Dusche geschmissen, weil sich jemand fast in die Hosen machte und vor der Tür randalierte und klar, passierte es mal, dass man dann für die nächste halbe Stunde nicht wieder rein durfte, weil derjenige beschlossen hatte, dass das Klo der schönste Ort zum skypen ist, aber es blieb alles im Rahmen. 
Kritisch wurde es nur, wenn nach den Geschäftsreisen einiger Herren der Schöpfung das Bad erst einmal für die nächsten 45 Minuten Sperrgebiet war, wenn man nicht durch diverse Giftgase niedergestreckt werden wollte.



Das beste Eis der Welt 
Louiza, ich und Lena 
Ein letztes Mal Blue Mountains 

Public Viewing Aussie Style 





Sydney 

Neben meinem neuen festen Wohnsitz kam auch noch ein Job. Ich war wieder im Alltag angekommen...
Und mein neuer Arbeitsplatz war... (Trommelwirbel) ...die 'Lüneberger', ich war nun mitverantwortlich dafür, dass meine kochfaulen Mitbewohner nicht verhungerten.
Der 'Big Boss' von dem ganzen Laden war ein deutscher mit türkischem Migrationshintergrund, der nach Australien emigriert war ( also ein australischer Deutsch-Türke oder so ähnlich), die Angestellten alle Deutsch, bis auf den Bäcker- der war Schwede und überdurchschnittlich viele der Kunden asiatischer Herkunft.
Nach über sechs Wochen in diesem Brötchenladen kann ich nun behaupten die ganze Bandbreite menschlicher Individuen zu kennen.
Da gibt es die, die einen mit großen Augen anschauen und erwarten, dass man magischerweise errät, was sie gerne hätten (es tut mir wirklich leid, aber für $13 die Stunde ist Gedankenlesen leider nicht drin). Ab und zu bekommt man dann auch mal eine Mengenangabe, aber nur an Dienstagen und Freitagen und wenn die Sonne scheint. Manchmal wird auch einfach nur das kleine Patschefingerchen gegen die Scheibe gedrückt und man wird erwartungsvoll angeguckt. Und das sind noch die umgänglichen Kunden!
 Einmal ist es mir passiert, dass ich Gestalten bedienen musste, die aussahen, als hätten sie den Kostümfundus von 'Der König der Löwen' ausgeraubt und die englische Sprache dafür dort vergessen. So kam es, dass ich von drei dickbäuchigen Afrikanern angeschrien wurde. Der eine erzählte mir auf Suaheli was er gerne hätte und die anderen beiden riefen abwechselnd 'Coke Coke Coke' und 'Sprite Sprite Sprite'. Ein anderes Mal wollte ein Trio chinesischer Omas bestellen. Zuerst liefen sie 15 Minuten vor der Theke hin und her und schließlich schafften sie es drei Verkäuferinnen gleichzeitig zu beschäftigen, indem jede jeweils drei Kaffee und drei Stück Kuchen bestellten. Ihnen fiel dabei nicht auf, dass dort irgendwas nicht stimmen konnte- uns allerdings schon und die Schlange wurde immer länger, als den Dreien quasi pantomimisch erklärt werden musste, dass das irgendwie nicht sein konnte. Und überhaupt habe ich mir mehr als einmal die Frage gestellt, was mit den Leuten da draußen eigentlich nicht stimmt. Was geht in den Köpfen derer vor die ein Körnerbrötchen für 'nen Dollar bestellen und mit einem Hundert-Dollar-Schein bezahlen. Was denken die, die fünf Stück Zucker in ihren kleinen Kakao haben wollen und warum bestellt man sich seinen Cappuccino mit H-Milch nur um dann mit seinem Butter-Quark-Teilchen so richtig über die Stränge zu schlagen. Woran glauben diejenigen, die doch kein belegtes Brötchen wollen, weil wir leider nicht toasten und beleidigt abhauen? 
Alles in allem, war es ein ätzender Job, weswegen ich schon 14 Tage vor meinem Abflugtermin kündigte um meine letzten beiden Wochen Down Under genießen zu können. 

Alles ist über kurz oder lang irgendwann vorbei. Eine meiner Top drei Erkenntnisse aus Australien. 
Man begegnet Menschen, man besichtigt Orte und alles verändert sich plötzlich, man selbst, die Welt und wie man alles sieht. Doch ehe man realisiert, dass man überhaupt da war, ist aus dem Augenblick eine Erinnerung geworden. 
Die Erde dreht sich weiter, egal ob man bereit ist für einen neuen Tag oder nicht, das ist mir bewusst geworden in meinen letzten Wochen in Australien. 
Und dann war es tatsächlich vorbei und ich konnte nichts dagegen tun. 
Den Morgen meiner Abreise erlebte ich wie in Trance. Ich glaube, mein Körper hätten eine art Schutzschild aufgebaut, der mich daran hinderte die volle Tragweiteder Situation, in welcher ich mich befand vollständig zu erfassen. Ich schaffte es nur mich auf zwei Dinge zu konzentrieren: Hatte ich mein Zeug? & die Uhrzeit. 
Stundenlang (weil ich mir wie ein vorbildlicher und organisierter Mensch, den Wecker seeeeeehr früh gestellt hatte) lief ich wie ein Huhn auf Ecstasy durch unsere zugemüllte Wohnung, gab nur sinnfreies Zeug von mir, meist in Form von Selbstgesprächen und machte abwechselnd Rührei und bekam Nasenbluten. 
Es war alles komplett absurd. Die ganze Situation und überhaupt dass ich in wenigen Stunden Australien verlassen sollte. Schon in der Wohnung kamen mir die ersten Tränen, aber ich wusste, wenn ich jetzt einbrach, dann würde ich heute gar nichts mehr schaffen, also riss ich mich einigermaßen zusammen und beschränkte mich darauf, einen anderen Katalysator zu finden, um meine Anspannung loszuwerden. Ich regte mich geschlagene drei Stunden drüber auf, dass jemand meine Avocados erst entführt und dann gegessen hatte. Aber irgendwann half alles nichts mehr und ich musste los. Meine Mitbewohnerin Louiza brachte mich zum Bahnhof und dort war dann alles vorbei. Ich heulte Rotz und Wasser. Der Staudamm war gebrochen. Ich heulte nicht nur, weil ich so unglaublich traurig war, weil ich Australien auf unbestimmte Zeit nicht wieder sehen würde und weil es Heimat für mich geworden war. Ich heulte nicht nur weil mir viele Menschen ans Herz gewachsen waren und sie nun nicht mehr Teil meines Lebens sein würden. 
Nein. In diesem besonderen Augenblick, als sich die Türen meines des Zuges schließen und ich ein letztes Mal die Skyline Sydneys sah, die Central Station, Louiza die winkte und die Treppe herunter ging, wusste ich es. 
Australien war mein Traum gewesen. Und jetzt war es vorbei. Und als mir das bewusst wurde strömten alle Emotionen, die ich während der elf Monate gespürt hatte und alle Erinnerungen, die ich gemacht hatte auf mich ein und von denen gab es viel zu viele. Die Orte, die ich gesehen hatte und die Menschen, die mich stärker beeinflusst und verändert hatten, als es ihnen und mir bewusst  war. Und der einzige Weg, den mein Körper fand um mit dem ganzen Chaos in meinem Kopf klar zu kommen, war, es irgendwie heraus zulassen. So kam es, dass ich zur Hauptattraktion in einem Zugabteil voller Asiaten wurde, weil ich einfach mit der Situation, in welcher ich mich befand überhaupt nicht mehr klar kam und mich in einen Wasserfall verwandelte. 

Es überraschte mich aber, dass ich während meiner gesamten Rückreise nicht mehr weiter heulte. Ich wurde nur wieder emotional, als ich in Düsseldorf ankam. 

Jetzt bin ich schon seit einigen Wochen wieder zurück in Deutschland und irgendwie ist es immer noch so, als wäre ich gestern erst angekommen und nie weggewesen. 
Ich erwische mich oft dabei, wie ich irgendjemanden erzähle, egal ob er es hören will oder nicht, was in Australien anders war. 

Letzte Woche habe ich mich darin verloren, Satellitenbilder der Erde anzuschauen und irgendwie stieß ich auch 3D Aufnahmen von Sydney und nach fünf Minuten merkte ich, dass ich schon wieder angefing zu heulen. Ich glaube so wird das jetzt immer sein. Das Australien für mich ein Stück Heimat geworden ist. Zu viel habe ich dort erlebt und zu sehr haben mich diese elf Monate geprägt. 

Aber ich weiß, dass es noch ein bisschen dauern wird, bis ich wieder dorthin zurückkehren werde. Zuerst gibt es da noch einige andere Dinge, die ich erledigen muss. Zum Beispiel einmal Italien durchqueren bis nach Messina, Inselhopping in Griechenland, in Kambodscha auf einem Elefanten reiten, den Regenwald und den Tempelberg besuchen, dem der Cristo-Statue stehen und auf Rio hinabschauen und in New York ein Hot Dog essen. 

Denn eines kann wohl jeder, der das Abenteuer gewagt hat unterschreiben: 
Gegen Fernweh gibt es keine Medizin. 

Cheers, 

Anna 

Mittwoch, 28. Mai 2014

Von Noosa bis nach Cairns

Wenn ich mir daheim im kalten Deutschland vorgestellt habe, wie ich Australien bereise, dann sah das Ganze ungefähr so aus:
 Entscheidung treffen weiterzuziehen
 Sachen packen
 weiterreisen
Rainbow Beach Sonnenuntergangn
Sehr simpel, sehr einfach. Was die ersten beiden Punkte betrifft, so hat es sich bewahrheitet, nur die dritte Sache das 'Weiterreisen' hat sich dann doch als aufwendiger herausgestellt, als ich dachte.
Wenn es früher in die Mallorca-Pauschalurlaube mit Mama und Papa ging, war die größte Herausforderung, das ganze Zeug (20 Tops, 7 Paar Schuhe, etc..), was man halt U.N.B.E.D.I.N.G.T. brauchte, um zwei Wochen zu überleben, strategisch klug im Koffer anzuordnen. Ging dieser dann auch zu, war eigentlich die halbe Miete geschafft.

Hier in Australien gehen dann die Schwierigkeiten gerade los, denn man ist ja zu geizig, um Geld für öffentliche Verkehrsmittel geschweige denn Taxis auszugeben und so kann es schon mal sein, dass man mit seinem gesamten Hausstand  eine Stunde lang am heißesten Tag der Woche durch die Stadt tigert, alle 15 Minuten eine Pause einlegen muss und nebenbei von Opas mit Rollatoren überholt wird.
Hat man es dann zum Flughafen oder Busterminal geschafft, geht der Spaß erst richtig los. Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt, dass die Dame am Schalter mir jedes Mal erklärt, mein Koffer sei viiiiel zu schwer. Wobei ich finde, dass 29 kg vollkommen im Rahmen sind.
Strategisches Umpacken ist dann angesagt. So viele Klamotten wie möglich werden angezogen und der Rest kommt ins Handgepäck, damit es irgendwie gerade so passt. So viel zum Thema Reisen mit leichtem Gepäck. Hat leider nicht ganz so geklappt und jedes Mal schwöre ich mir, bei der nächsten Reise müssen zwei Hosen und drei T-Shirts reichen!
Noosa 
Aber genug beschwert, der ganze Reisestress ist jedes Mal vergessen, sobald man an einem neuen Ort ankommt. So auch in Noosa. Nach einer Runde plantschen im Pool fühlten Saskia und ich uns wie neu geboren  und nahmen uns vor, die Tage, die wir noch in Noosa verbringen würden mal effektiv zu nutzen, die Wanderschuhe auszupacken und wie ein echter Abenteurer die Gegend zu erkunden.
Das war der Plan.
Wirklich.
Aber dann kam der Regen...
Zwei Tage lang..

Die Ausläufer des 'Zyklönchens' machten uns einen Strich durch die Rechnung, dafür schafften wir es an unserem dritten Tag mal zum Strand und am vierten ging es surfen. 'Surfen', ne. Bei uns Anfängern ging es erstmal nur darum, überhaupt auf dem Board zum Stehen zu kommen und sich nicht von vornherein von der Welle im Schleudergang an den Strand spülen zu lassen. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich schon das Brett gegen den Kopf bekommen habe oder einen 'Nosedive' hingelegt habe (Definition Nosedive: Man hat sein Gewicht auf dem Board zu weit nach vorn verlagert, was zur Folge hat, dass man mit dem Brett nach vorne kippt und einmal von der Welle durchgenudelt wird).





Aber das alles ist es wert. Vor Australien hatte ich mir gesagt- Surfen? Niemals! Zu viele Haie und hohe Wellen sind echt sehr gefährlich und jetzt habe ich mich anstecken lassen. Man fühlt sich aber auch wie ein kleiner König, wenn man eine Welle sieht, sie tatsächlich bekommt und es bis zum Strand schafft ohne vom Board runterzufliegen.
An diesem Tag war ich fast vier Stunden im Wasser und konnte nicht genug bekommen.

Rainbow Beach 

In Noosa lernten Saskia und ich dann auch so ein paar Gestalten kennen. Wirklich die bescheuersten Typen die ich je getroffen habe.
In unserem Hostel war nämlich eine Bar, wo sich abends halb Noosa traf. Wir waren zwar an diesem Abend nicht dort (zu faul für irgendwas), saßen aber draußen, als wir plötzlich von einem Dutzend Australier umzingelt waren. Es gab keine Möglichkeit zur Flucht.
Schon leicht einen im Tee erzählte dann ein Typ namens JJ Geschichten von seinem 'Pet-Dolphin' und von seinem Talent als Surflehrer. Ich hörte ihm geduldig zu, wurde dafür im Gegenzug mehr als einmal umarmt und war ein bisschen überfordert von so viel Liebe.
Schließlich überredeten sie uns noch, ihren Party-LKW zu begutachten, der wirklich ganz schön beeindruckend war! Voll ausgestattet mit Couches, Matratzen, Tischfußball, Motorroller und - um das Ganze noch wohnlicher zu gestalten - einer Zimmerpflanze. Ich glaube Australier haben eine bisschen andere Beziehung zu ihren Gewächsen, denn in Deutschland habe ich es noch nicht erlebt, dass mir jemand seine Zimmerpflanze namentlich vorgestellt hat, aber so kamen wir in den Genuss, 'Pam- the Palmtree' kennen zu lernen. Es wurden auch noch Geschichten über 'Vera- the Aloe Vera' erzählt, aber die hatte leider nicht mehr reingepasst.
Und irgendwann saßen Saskia und ich dann tatsächlich im Inneren eines LKWs mit vier Australiern und einer Topfpalme namens Pam.

JJ, der Surflehrer unseres Vertrauens hatte dann irgendwann die glorreiche Idee, sich während der Fahrt auf die Vespa zu setzen, zum Glück dachte der Gute daran sich einen Helm aufzusetzen, Sicherheit geht schließlich vor, gell. 
Und dann saß er erstmal da. Auf einer Vespa. In einem LKW, prallte abwechselt gegen den Tischfußball und die arme Pam und feierte sich selber.
Ich glaube, man muss dabei gewesen sein, um die Absurdität des ganzen irgendwie nachvollziehen zu können. Später hielten wir dann noch an einem Strand 'chillten' ein bisschen mit unseren neuen 'Mates', aber irgendwann brachten sie uns zum Glück wieder ins Hostel und wir konnten schlafen gehen!!!


Rainbow Beach

Nach fünf Tagen in Noosa ging es dann weiter nach Rainbow Beach und hier ist wirklich tote Hose. Die einzig nennenswerten Ereignisse sind die drei Kakerlaken, die wir unter Einsatz unseres Lebens vernichtet haben und ein wirklich wunder-, wunderschöner Sonnenuntergang.
Nach drei Nächten an diesem doch ziemlich verschlafenen Ort ging es dann endlich los nach 'Fraser Island', der erste Höhepunkt unseres Trips.
Sandboarding in Rainbow Beach 
Insgesamt drei Tage und zwei Nächte verbrachten wir auf der größten Sandinsel der Welt. Unsere Gruppe bestand aus 32 Menschen plus einem Guide (Führer), aufgeteilt auf vier Autos.     


Gruppenselfie Auto 4
Bevor es losging, wurden wir über mögliche Gefahren durch Schlangen, Spinnen und Dingos informiert. Ich war wieder in heller Panik, weil es anscheinend normal war, dass schon mal eine Schlange auf den Wegen rumliegt. Aber wieder ist für mich deutlich geworden, Australien ist ungefährlicher, als man denkt. Ganze zwei Dingos bekamen wir zu Gesicht und Schlangen sowie Spinnen ließen sich überhaupt nicht blicken. Es war schon beeindruckend mit dem Auto an kilometerlangen Stränden entlang zu fahren und auf Trampelpfaden durch den Urwald zu marschieren um dann bei riesigen kristallklaren Seen zu landen.
Abends ging es zum Zeltplatz, wo wir übernachteten. Fraser Island war definitiv kein 5-Sterne-Urlaub, Essen war gerade genug für alle da und kochen musste jedes 'Auto' (Acht Personen) auch selbst. Saskia und ich tauschten auch erst einmal enttäuschte Blicke aus, als der Guide erklärte, dass die ganze Veranstaltung keine 'All-You-Can-Eat-Party' sei.

Fraser Island 
Als wir dann endlich kochen konnten, nach gefühlt 
drei Stunden Wartezeit, weil wir die letzten waren, hatten irgendwelche Intelligenzbestien es geschafft, den Reis, der eigentlich für vier Gruppen gedacht war, komplett zu verbrauchen, sodass meine Gruppe das Hähnchen mit Toast essen durfte. Außerdem wurden Besteck und Teller aus unserer Box geklaut und wieder musste in Sachen Essen improvisiert werden. Besteck klauen war auf Fraser Island generell eine Art Volkssport. Am Ende mussten alle ihre Boxen komplett wieder abgeben sonst gab es Stress, deswegen waren Tassen die meistgestohlenen Objekte. Danach saß man entweder ums Lagerfeuer, besuchte den Campingplatz eigenen 'Nightclub' (offene Holzhütte mit lauter Musik und vielen bunten Lichtern) oder ging an den Strand.
Dort hatte ich ihn auch wieder, den 'Australien-Moment', einen Augenblick, in dem ich plötzlich wieder völlig überwältigt wurde von der Tatsache, dass ich wirklich in Australien bin, denn es ist eines der besten Gefühle der Welt, nachts am Strand zu liegen und Sternschnuppen zu zählen.

Die drei Tage gingen wirklich sehr schnell vorbei und auf einmal waren wir wieder in Rainbow Beach. Die nächste Etappe stand an, die 'Whitsundays'.



Unser Plan war eigentlich gewesen, unmittelbar nach Fraser Island den Nachtbus nach Airlie Beach zu nehmen, hat leider nicht so am Schnürchen geklappt, denn unser Bus war tutti completti ausgebucht. Wir hofften noch darauf, dass jemand in allerletzter Minute storniert hatte und wir doch noch mitfahren konnten. Klappte auch nicht. Und da waren wir nun, ohne Geld, ohne Hoffnung und ohne Schlafplatz. Vom Timing her war das ziemlich blöd, denn am nächsten Tag hatte ich Geburtstag und in meiner Vorstellung war der immer ein wenig anders abgelaufen. Ein bisschen Glück hatten wir dann doch, denn im Zimmer einer Freundin waren noch zwei Betten frei, die wir illegalerweise für die Nacht belegten.
Meinen Geburtstag verbrachte ich dann zum größten Teil damit, Bumerangs zu bemalen und Pizza zu essen. In dem Nachtbus für diesen Tag war dann auch noch ein Platz frei und so entschieden wir uns getrennt zu fahren und hofften darauf, dass Saskia möglichst zeitnah nach Airlie Beach nachkommen konnte. Und tatsächlich nahm sie am darauffolgenden Tag den Bus, sodass mal zur Abwechslung alles funktionierte.













In Airlie Beach angekommen, wurde ich erstmal erschlagen - von der Luftfeuchtigkeit. Denn in 'Airlie' herrscht tropisches Klima und daran muss man sich erst gewöhnen. Ansonsten fand ich es wirklich schön. Vor allen Dingen, weil es sich von den Orten unterschieden hat, die ich vorher besucht hatte. Es ist relativ klein, voller Backpacker und sehr touristisch, aber das störte mich nicht. Beeindruckend war die Natur, die Airlie Beach umgab. Von drei Seiten aus waren wir von dichtbewaldeten Bergen umgeben, wie ein Dschungel und von einer Seite aus erstreckte sich der ungelogen kristallklare Ozean, den man aber aufgrund von super giftigen Quallen nicht betreten durfte.


Airlie Beach

Nach einigen Tagen in Airlie Beach startete dann unsere Segeltour in die Whitsundays, auf die wir uns von allen Touren am meisten gefreut haben. Bei $3 für Milch hatten wir rumgegeizt, uns aber dafür das teuerste Boot gegönnt. Dadurch, dass wir alle unsere Ausflüge und Hostelübernachtungen zusammen in einem Paket gebucht hatten, bekamen wir zwar auch eine ganze Menge Rabatt, aber der Preis, den wir letztendlich zahlen mussten, war schon ein ganz schönes Sümmchen. Insgesamt verbrachten wir mindestens fünf Stunden im Reisebüro und nötigten den armen Kerl dort alles dutzende Male umzuändern, um zu schauen, ob es noch irgendwie günstiger ginge. Saskia wollte unbedingt am Great Barrier Reef tauchen, ich wollte unbedingt nach Fraser Island. Wir überlegten also, ob wir nicht doch nur schnorcheln gehen und einen Tag weniger auf Fraser Iland verbringen sollten, um zu sparen. Schließlich fanden wir einen Kompromiss und einigten uns darauf, einfach alles zu machen und darüber bin ich im Endeffekt wirklich froh.

Atlantic Clipper 
Besonders für den 'Atlantic Clipper' (Name des Bootes) hat es sich gelohnt etwas tiefer ins Portemonnaie zu schauen. Es waren wirklich einige meiner schönsten Tage in Australien. Nicht nur die Landschaft war paradiesisch, sondern wir waren auch eine gute Truppe an Bord und hatten viel Spaß.
Leider regnete es am ersten Morgen, gerade als wir den 'Whitehaven Beach' besuchten, der - soweit ich informiert bin - mindestens in die Top-5 der schönsten Strände der Welt gehört. Statt in Top und kurzer Hose sind also alle wie die Pinguine in ihren Wetsuits losgezogen, was schon recht witzig aussah. Und trotz Regen und dunklem Wolkenvorhang war ich beeindruckt, denn es war wirklich wunderschön. Nach ein bisschen Posen am Strand, damit man zuhause auch ein paar Fotos vorweisen kann, ging es wieder zurück zum 'Clipper' um endlich (!) zu essen. Und ich bekam auch direkt als erste, denn an Bord herrschte die 'Ladies First-Regel'.

Habe ich eigentlich schon erwähnt, wie cool die Crew war? Nein, wirklich und nicht nur wegen der Essensache, sondern auch im Allgemeinen sehr entspannt, eben typisch 'No-worries-howz-it-goin-mate-australisch' (Keine Sorgen, Alles klar bei dir?). Nachmittags ging es schnorcheln. Ich bin zwar schon öfters geschnorchelt, aber im Vergleich zu Australien besteht ein himmelweiter Unterschied. Damals auf Mallorca habe ich mich schon über einen Fisch gefreut - hier gab es hunderte, man war Teil des Schwarms und streckte wie ein Bescheuerter seine Hände in alle Richtungen, um so viele Fische wie möglich zu betatschen. Und da deren Langzeitgedächnis nur drei Sekunden hält, konnte man eine ziemlich lange Zeit so im Wasser verbringen.
Und so war der erste ganze Tag schon fast vorbei, aber die Nacht stand ja noch bevor. Anfangs lagen alle an Deck und schauten in den Sternenhimmel oder beobachteten die Delfine neben unserem Boot, die Fische jagten und später noch Haie anlockten. Später machten sich dann alle bei diversen Spielen zum Affen. Es war echt witzig , aber auf die Art der Spiele will ich lieber nicht weiter eingehen, weil meine Oma das hier auch liest. Sagen, es ging um vollen Körpereinsatz bei Paartanz. Aber ich war glücklicherweise schon früh ausgeschieden. Derjenige, der am allerschönsten tanzen konnte, wurde zum 'King of the Clipper' gekrönt, was natürlich die totale Ehre ist, weswegen alle Vollgas gaben.
Jacuzzi 
An unserem letzten Tag ging es noch einmal schnorcheln. Wir wurden extra gewarnt, das Boot vorsichtig zu verlassen, aber ich war in dem Moment anscheinend nur körperlich anwesend und so hüpfte ich munter ins Wasser, um auf einem Stein zu landen, der mir den halben Fuß aufschlitzte. Die restliche Zeit im Wasser verbrachte ich damit, mein Bein entenmäßig in die Luft zu strecken, teilweise weil es im Salzwasser wirklich weh tat und weil ich Angst hatte Haie anzulocken.
Nach einiger Zeit bekam ich dann einen Krampf im Fuß und überlegte mir, dass es doch vielleicht besser wäre wieder zum Boot zurückzukehren. Dort wurde mein Fuß von einem Crew Mitglied professionell erst versorgt, denn die Wunde war relativ tief.
Ich versuchte mich erwachsen zu verhalten und nicht allzu sehr herumzuheulen, als die Wunde desinfiziert wurde. Klappte gut. Letztendlich mussten sich zwei Menschen um meinen Fuß kümmern, weil ich nicht in der Lage war meine Zehen auseinander zu halten, damit sie verbunden werden konnten. Dies war der Moment, in welchem ich mich entschloss, definitiv an meiner Gelenkigkeit zu arbeiten.


Mittags ging es dann wieder zurück nach Airlie Beach und am nächsten morgen nahmen Saskia und ich den Bus nach Cairns. Am späten Abend erreichten wir dann die letzte Etappe unserer gemeinsamen Reise. Vollkommen erledigt blieben wir so wie wir waren an der Bushaltestelle sitzen. Wir wussten, dass wir uns irgendwann auf den Weg machen mussten, aber unsere Motivation mit unseren tausend Taschen bei 30° Celsius und 100% Luftfeuchtigkeit loszumarschieren belief sich auf Null.
Und dann hatte Saskia die beste Idee aller Zeiten. Ein Wort: Einkaufswagen. Wir bugsierten unseren kompletten Hausstaat hinein und rollten dann ein bisschen durch die Stadt. Es ging so viel einfacher und so kam ich das erste Mal gut gelaunt an einem Hostel an. Wir hatten nur eine Nacht gebucht, weil wir am nächsten Tag versuchen wollten in Marlens Hostel einen Job zu finden, um kostenlos zu übernachten. Mit Marlen war ich einen Monat gereist, bevor wir uns trennten, weil sie einen Farmjob gefunden hatte und ich in Sydney bleiben wollte. Und jetzt waren wir beide in Cairns und ich freute mich tierisch sie wieder zu sehen.
Whitehaven Beach





Saskia und ich machten uns zu Fuß auf den Weg und brauchten eine halbe Ewigkeit um endlich unser Ziel zu erreichen, weil sich erstens das Hostel etwas außerhalb der City befand und zweitens, weil wir erst einmal selbstbewusst in die falsche Richtung gelaufen waren. Es war der schwülste Tag, den ich je erlebt hatte, die Sonne knallte uns unbarmherzig auf den Kopf, wir hatten kaum Wasser mitgenommen und irgendwann fingen wir ein klein wenig an zu halluzinieren und sahen Menschen, die gratis Red Bull Energydrinks verteilten und diverse Eiswagen.
Ich hatte schon alle Hoffnung verloren, als wir dann tatsächlich das Hostel fanden.
Marlen und ich feierten Reunion (Wiedervereinigung), zwei Tage später hatten Saskia und ich beide jeweils einen Job im Hostel und alle hatten sich lieb.
Die Sonne schien, der Himmel war blau und überhaupt war ich froh ein bisschen länger als fünf Tage an einem Ort bleiben zu können und nicht ständig meine Sachen packen zu müssen.
Surfen in Noosa 
Alles war gut, bis auf die Tatsache, dass ich vier Tage die Woche um 5:30 Uhr morgens aufstehen musste, um meinen Pflichten als 'Breakfast Girl' nachzukommen, was hauptsächlich Toast toasten bedeutete.
Meine zweite Schicht hätte ich glatt verschlafen, wäre ich nicht von meinem 'Boss' geweckt worden. Dafür musste ich dann eine fette Predigt über mich ergehen lassen, weil so etwas ja nicht passieren darf. Natürlich war es gerechtfertigt und ich hatte Ärger verdient, aber ich finde, dann hätte der gute Paul (Chef von alles) auch ruhig mal meinen beiden lieben französischen Mitbewohnern die Leviten lesen können. Die hatten ihre Hormone zum wiederholten Mal nicht im Griff, was Auswirkungen auf mein Schlafpensum hatte.
Eigentlich will ich nicht genau beschreiben, was dort abging, aber sagen wir die beiden hatten eine, ehm naja, 'geschäftige' Nacht. Ich schlief in einem der oberen Betten und fing in dieser Nacht auf einmal an, von Segelbooten und starkem Seegang zu träumen. Es kam mir sehr realistisch vor, bis ich dann plötzlich feststellen musste, upps mein Bett bewegt sich ja wirklich. An Schlaf war ja irgendwie nicht zu denken und ich wartete darauf, dass die Schlawiner unter mir endlich fertig waren. Als das Bett dann wieder still stand, dachte ich es wäre endlich vorbei, aber nein, zu früh gefreut, jetzt ging es erst richtig los. Unter mir war es zwar nun ruhig, aber dafür klopfte es an der Tür. Mein anderer Mitbewohner stand auf und öffnete.
Draußen stand eine Trulla, die nach einer Umarmung fragte. Umarmungen um halb drei Uhr morgens? Kein Problem, wird alles toleriert! Was meine Toleranzgrenze dann doch ein wenig überschreitet, ist, wenn sich Personen mitten in der Nacht in meinem Zimmer einfach anfangen auszuziehen, mit offensichtlichen Absichten versteht sich. Eins führte zum anderen und diesmal wachte Saskia auch auf, als sie im Takt unfreiwillig mitwippte.


Saskias Geburtstag
Wir schauten uns an und versuchten, uns mit einem Räuspern bemerkbar zu machen - natürlich erfolglos.  
Was soll ich noch dazu sagen? Dieser letzte Abschnitt war bestimmt nicht ganz jugendfrei, aber jeder Backpacker weiß, wovon ich rede und alle die vorhaben für längere Zeit in Hostels zu leben sollten wissen, dass genau so etwas auf sie zukommen wird, mit 99%iger Wahrscheinlichkeit. Es ist alles andere als toll und wieder ein gelungenes Beispiel für die Tatsache, dass man seine Roommates meistens besser kennenlernt, als einem lieb ist.

Und die Geschichten, die man nicht selber miterlebt, bekommt man erzählt. Denn so ein Hostel ist die reinste Gerüchteküche. Ich fühlte mich ein bisschen in meine Schulzeit zurückversetzt, aber wenn einen das Ganze nicht betraf, war es ganz unterhaltsam. Denn wirklich jeder Schritt den man unternahm, wurde weiter erzählt und meistens komplett absurd analysiert. Wenn dann gefragt wurde, woher die Information kam, hieß es immer nur, jaja 'Housekeeping' hat das und das gesehen. Und alle machten mit. Aber ich habe es gefeiert.
Rainbow Beach
Jetzt ist meine Zeit in Cairns auch schon abgelaufen, aber es war wirklich toll. Ein bisschen wie Mallorca. Abends sind alle ausgegangen, nachts mit dem Drei-Uhr-Shuttlebus wieder zurück zum Hostel gefahren, um dort dann die McDonalds-Fressalien zu vernichten und am nächsten Tag bis 14:00 Uhr zu schlafen.
Aber mittlerweile bin ich an einem Punkt, wo ich einfach nur einen geregelten und vor
allem gesunden Tagesrhythmus haben möchte und einen Job, denn wenn man immer nur machen kann, was man will, macht das auch nicht glücklich!

Cheers,

Anna
Noosa